Berlin: In Zukunft sollen Hersteller von Bekleidung und Schuhen sowie von Textilien für Wohnen und Schlafen für das Einsammeln, die Sortierung und eine mögliche Wiederverwendung zahlen. Darauf haben sich in Brüssel EU-Parlament und Ministerrat in Grundzügen geeinigt. Die Höhe der fälligen Gebühr soll sich danach richten, wie nachhaltig Kleidung oder andere Textilprodukte sind.
Für den Gesamtverband textil+mode wird das Vorhaben das Ziel einer echten Kreislaufwirtschaft verfehlen. Der Kreislaufexperte des Gesamtverbandes der Textil- und Modeindustrie Jonas Stracke sieht erhebliche Webfehler in der Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie (WDF) sowie der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) für Konsumtextilien: „Schon wieder begeht die EU den Fehler, die Expertise der mittelständischen Hersteller nicht miteinzubeziehen. Sie sollen einfach Gebühren zahlen und keine Mitsprache bei der Ausgestaltung, etwa der Ökodesign-Anforderungen, haben. Dabei haben die Hersteller die Expertise, wie Alttextilien weiterverwendet oder in den Kreislauf zurückgeführt werden können.“
Zudem sieht die deutsche Textil- und Modeindustrie die Gefahr, dass es nach der Umsetzung der EU-Vorgaben einen Flickenteppich von Einzellösungen in der EU geben wird. „Immer mehr teure und bürokratische Rücknahmesysteme braucht kein Mensch“, warnt Stracke.
Der Gesamtverband textil+mode hat deshalb ein Pilotprojekt gestartet, in dem aufgezeigt werden soll, dass die Hersteller die erweiterte Herstellerverantwortung zielführender ausgestalten können als andere Marktakteure mit ihren Geschäftsmodellen. „Einfach eine Gebühr zu erheben und damit Kleidung und Textilien zu verteuern, wird uns nicht in eine nachhaltige Zukunft führen“, ist Stracke überzeugt.
Der Gesamtverband textil+mode wird deshalb in den weiteren Diskussionen seine Expertise einbringen und dafür werben, dass die neuen EU-Regeln für Alttextilien mehr werden als ein Gebührenmodell ohne überzeugenden Mehrwert und Zielvorgaben.
Europaparlament und Ministerrat müssen den Vorschlägen noch zustimmen. Beobachter sprechen davon, dass dies nur noch eine Formsache sei. Nach Inkrafttreten der EU-Regeln haben die Mitgliedsstaaten 30 Monate Zeit, diese in ihren Ländern einzuführen. Alle Unternehmen müssen demnach Gebühren zahlen, auch Onlineplattformen ohne Firmensitz in der EU. Kleine Unternehmen sollen ein Jahr Zeit erhalten, die Vorgaben zu erfüllen.
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